Wo kommen die Wappen her?
Es wurde schon vor Jahrhunderten über die Herkunft von Wappen gerätselt. Dabei wurden viele verschiedene und manchmal reichlich abenteuerliche Theorien aufgestellt. Zeichen für Personen, Truppenteile und Ämter gibt es schon seit sehr langer Zeit, lange bevor Wappen üblich wurden.
Die Wappen entstanden vor
über 800 Jahren
Wappen im eigentlichen Sinne gibt es seit der Mitte des 12. Jahrhunderts. Meistens wird die Entstehung der Wappen mit dem Aufkommen des geschlossenen Topfhelmes in Zusammenhang gebracht. Seit sich dieser Helm durchgesetzt hat, war das Gesicht des Reiters nicht mehr erkennbar. Daher – so die übliche Argumentation – mussten die Reiter individuelle Zeichen an sich anbringen, um erkennbar und unterscheidbar zu sein.
Warum entstanden Wappen?
Ich glaube nicht, dass der geschlossene Helm alleine ausschlaggebend für die Entstehung der Wappen war. Weitgehend geschlossene Helme gab es bereits in früheren Jahrhunderten. Selbst mit einem sogenannten "Normannenhelm", bei dem nur der Nasenschutz ins Gesicht ragt, war es bereits schwierig, das Gesicht eines Kriegers sicher zu erkennen. In der Schlacht bei Hastings (England, 1066) musste Wilhelm der Eroberer einen solchen Helm abnehmen, so dass seine Krieger ihn erkennen und damit sehen konnten, dass er noch nicht gefallen war. Diese Szene ist auf dem berühmten Teppich von Bayeux zu sehen, der die Eroberung Englands durch die Normannen darstellt.
Einen bunt bemalten Schild hätte man im Schlachtgetümmel nicht zweifelsfrei in der Kürze der Zeit erkennen können. Außerdem waren insbesondere die frühen Schilde stark gebogen, so dass man das volle Schildbild nur aus einem recht engen Blickwinkel aus sehen konnte. Versetzen Sie sich gedanklich auf ein mittelalterliches Schlachtfeld:
Es ist heiß unter dem Helm und es ist laut. Sie stehen unter Stress – immerhin könnte heute der letzte Tag Ihres Lebens sein. Sie sehen durch Ihren Gesichtsschutz nur einen begrenzten Teil Ihrer Umgebung. In diesem Ausschnitt tauchen plötzlich einige berittene Krieger vor Ihnen auf, die mit eingelegter Lanze auf Sie zu galoppieren. Es wird nur wenige Sekunden dauern, bis sie auf Sie treffen.
Werden Sie jetzt Zeit investieren, um zu erraten, ob die Bemalung auf dem Schild Ihres Gegenübers einen roten Löwen oder ein rotes Pferd darstellt? Wohl kaum. Sie werden Ihr Pferd herumreißen, ebenfalls die Lanze einlegen und sich den Angreifern stellen. Deren Wappen werden Ihnen herzlich egal sein – schließlich werden Sie angegriffen.
Wappen wurden wesentlich durch die Turniere beeinflusst
So wie uns Wappen heute gegenübertreten, zeigen Sie uns die wesentlichen Teile einer ritterlichen Ausrüstung im Turniergepränge:
Ein bunt bemalter Schild, der häufig ein Wortspiel versinnbildlicht, eine tiefere Bedeutung birgt oder einen mitunter komplexen Herrschaftsanspruch unterstreicht
Ein Helm, wie er vor allem im Turnier üblich war (geschlossener Stechhelm oder offener Bügelhelm)
Eine bunte, flatternde, effektheischende Helmdecke
Eine aufwendige und auffallende Helmzier mit Figuren, Flügeln, Hörnern oder Ähnlichem
So würden Sie nie auf ein Schlachtfeld reiten. Das schmückende Zeug würde nicht nur stören – es wäre gefährlich.
Aber zum Turnier, wo die Zuschauer(innen) Sie sofort von weitem erkennen (an der Helmzier) und bewundern sollen, wo Ihr Gegner in Ruhe Ihren Schild auf sich wirken lassen kann, wo beim Ritt in die „Manege“ ihre Helmdecke so schön weht und flattert. Toll, nicht wahr?
Die Wappenelemente wurden meiner Meinung nach vor allem durch die Turnierausrüstung geprägt. Manchmal schwappte etwas vom hochritterlichen Turnierhabitus auch aufs Schlachtfeld über – die Ritter standen ja häufig ihresgleichen gegenüber. So gibt es auch idealisierte Bilder mit bunten Wappen und selten sogar Helmzierden im Kampf. Im Wesentlichen hat man es jedoch mit „Turnierwappen“ zu tun.
Warum haben sich die aufwendigen Wappen überhaupt durchgesetzt?
Ich glaube, weil ein Ritter mit Wappenschild und –schmuck (im Turnier) einfach viel besser aussieht und mächtig etwas hermacht. Geltungsbedürfnis hatten die meisten Ritter der damaligen Zeit zu genüge.
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